UNIT: Verteidigungsstrategien

Als Verteidigung fassen wir die Spielphase vom Ballverlust bis zur Wiedererlangung des Balles unter die eigene Kontrolle auf. Die Verteidigung findet allerdings nicht nur im Verteidigungsdrittel statt, wie manchmal fälschlicherweise behauptet wird. Abwehraktivitäten können in allen Zonen und Räumen des Hockeyspielfeldes vor sich gehen. Im Mittelpunkt dieses Textes stehen allerdings eben jene Aktivitäten, die im Verteidigungsdrittel erfolgen, also in Räumen, in denen durch ihre Nähe zum Tor große Gefahr besteht, vom Stock des Gegners ein Tor zu kassieren.

Welche Faktoren beeinflussen die Verteidigungsstrategie in der Verteidigungszone?

Während eines Spiels ist es wichtig, die Art, wie der Gegner in die Verteidigungszone vorrückt, zu erkennen. Diese Information ist wichtig für die anschließenden Varianten der Defensive in der Verteidigungszone. Man unterscheidet bei der organisierten Verteidigung vor der blauen Verteidigungslinie folgende Situationen:

  • Vorrücken des Gegners über die Mitte;
  • Vorrücken des Gegners entlang der Bande;
  • Vorrücken des Gegners durch Freilaufen in die Mittelspur des Spielfeldes;
  • Anschießen bzw. Einschiessen des Balles.

Eine andere strategisch bedeutsame Situation ist das Spiel nach dem Anspiel in unserer Verteidigungszone. Diese Standardsituation birgt mehrere Varianten in sich:

  • gewonnenes Anspiel,
  • verlorenes Anspiel,
  • neutraler Ball,
  • abgeprallter Ball.

Beim Training muss mit den Spielern so gearbeitet werden, dass sie nicht fortwährend von Situationen überrumpelt werden und auf die eingetretene Spielsituation im Kontext der Ballbewegung, der Position des Gegners usw. reagieren können.

Vorrücken des Gegners über die Mitte in die Verteidigungszone

Das Vorrücken über die Spielfeldmitte in unsere Verteidigungszone kann als die problematischste Variante des Überschreitens der blauen Linie bezeichnet werden. Aus einem bestimmten Blickwinkel kann ein Vorrücken des Gegners über die Mittelspur als Systemniederlage betrachtet werden. Der Gegner hat so das strategisch wichtigste Terrain gewonnen. In einer vorübergehend unausgeglichenen Situation und bei einem Angriff in einer 3-2-Situation,  dir durch einen zurückkehrenden Backchecking-Spieler zu einer 3-3-Situation wird, können folgende taktischen Anweisungen zur Anwendung kommen:

  • Den Gegner durch die Bewegung und einen Kontaktabstand in Stockreichweite zwingen, den Angriff außerhalb der Mittelspur zu führen.
  • Druck auf den Spieler mit Ball auf der starken Seite aufbauen, der andere Verteidigungsspieler deckt die Keule des Spielers an der Mittelspur eng ab, wobei er den Ball ständig visuell kontrolliert.
  • Der erste Backchecking-Spieler übernimmt den Spieler auf der schwachen Seite oder in der zweiten Welle (je nach der Art, wie die Angriffsaktion geführt wird).
  • Der zweite und der dritte zurückkehrende Spieler bewegen sich auf die Verteidigungsformation  zu, je nach der momentanen Ballposition in der Verteidigungszone.

Falls es sich um eine vorübergehend ausgeglichene 3-3-Situation handelt, ist es das Ziel, sofort Druck auf den Spieler mit Ball aufzubauen, und zwar auf der Basis eines Kontaktabstandes in Stockreichweite, wobei die anderen Spieler der ausgeglichenen Situation eine Position zur Sicherung der Situation einnehmen, was zur Erhöhung des Drucks auf den Ball führt. Allgemein kann die Lösung so aussehen, dass das verteidigende Team an der blauen Verteidigungslinie stets mehr Spieler hat als der Gegner.

Häufige Fehler:

  • Rückzug der Verteidigung unter die blaue Linie in die Tiefe des Verteidigungsdrittels.
  • Die Verteidigung läuft nach dem Verlassen des Balles in der Verteidigungszone nicht über die blaue Linie vor (z. B. gegen einen schnellen gegnerischen Konterangriff).
  • Unzureichend organisierte Raumverteidigung, die in Räume bei den Banden verstreut ist anstatt die Mittelspur des Spielfeldes zu verteidigen.

Vorrücken des Gegners entlang der Bande

Wenn das gegnerische Team in die Verteidigungszone entlang der Bande vorrückt und in einer unausgeglichenen 3-2-Situation eine Angriffsformation in einer Linie bildet, die mit einem Backchecking-Spieler in eine 3-3-Situation übergeht, empfiehlt es sich, diese Situation wie folgt zu lösen:

  • Auf der starken Seite eine 2-2-Situation herstellen.
  • Eine Schlüsselbedeutung hat die 1-1-Situation am Ball (ideal ist Kontaktabstand, mit einer Bewegung leicht unter der Stockspitze des Spielers am Ball, mit einer Bindung Stockspitze-Stockspitze).
  • Der verteidigende Spieler, der in der 1-1-Situation nicht am Ball ist, übernimmt den Spieler an der Mittelspur des Spielfeldes.
  • Der dritte angreifende Spieler auf der schwachen Seite kann frei bleiben, wobei der erste Backchecking-Spieler die Anweisung hat, sich in Richtung zur schwachen Seite zu bewegen.

Eine Kommunikation zwischen den verteidigenden Spielern erhöht die Chancen auf einen Erfolg dieser Lösung erheblich. Beim Training wird den Spielern manchmal ein anderes Vorgehen gegen ein Vorrücken des Gegners bei unausgeglichenen Situationen erklärt, bei dem der Spieler auf der schwachen Seite gedeckt wird. Diese Alternative kann besonders in einer 2-1-Situation dazu führen, dass der verteidigende Spieler den Gegner in einen 1-0-Rückzug gehen lässt. Diese Lösung ist für das Training der Jugendklassen nicht zu empfehlen. Beim Trainieren darf nicht vergessen werden, dass unausgeglichene Situationen nicht in Trainingseinheiten der Klassen U11 und darunter gehören.

Vorrücken des Gegners durch Freilaufen in die Mittelspur des Spielfeldes

Das Freilaufen des Angreifers aus dem Bereich bei der Bande zur Mittelspur des Spielfeldes ist ein Manöver, das oft vorkommt. Ziel ist ein überraschender Freiraum an der Mittelspur, aus dem der Abschluss des Angriffs erfolgen kann. Bei den Klassen des Nachwuchses und der Männer wird einer taktischen Schulung vor dem Wettkampf, bei der die mögliche Anwendung dieser Technik während des Spiels betont wird, zunehmende Wichtigkeit eingeräumt. Die verteidigenden Spieler können dann effektiver auf ein Entweichen des Gegners zur Mittelspur reagieren.

Die Situation ist aus der Sicht der Defensive wie folgt zu lösen:

  • Der Verteidiger, der in der 1-1-Situation den Ball hat, versucht nach dem Manöver des Angreifers die Bewegung des Gegners möglichst schnell abzufangen.
  • Nach dem Abfangen der Bewegung zielt der Stock des verteidigenden Spielers auf eine Stockspitze-Stockspitze-Bindung ab (oft wird von einer Haltung des Stocks in einer Hand Gebrauch gemacht, wegen der größeren Einschränkung des Raumes).

Man muss allerdings auch mit der Variante rechnen, dass der Verteidiger am Ball in einer 1-1-Situation die Bewegung des Gegners nicht abfängt. Danach übernimmt der Verteidiger aus der Mittelspur des Spielfeldes die Situation. Zur Lösung der Situation tragen auch die zurückkehrenden Spieler bei, bei denen es basierend auf der Kommunikation im Team zu einer gezielten Manndeckung kommen muss, sowie eine Beobachtung der gegnerischen Bewegungen und Bewegung zur Verteidigungsposition hin.

Häufige Fehler:

  • Der verteidigende Spieler reagiert auf Täuschbewegungen des Gegners, anstatt die Bewegungsrichtung des angreifenden Spielers zu verteidigen.
  • Der verteidigende Spieler nimmt eine schlechte Verteidigungsposition ein, die zu sehr auf die Bande ausgerichtet ist.
  • Der verteidigende Spieler wählt ein allzu aggressives oder umgekehrt ein sehr passives Angehen des Gegners.

Anschießen des Balles

Das Anschießen des Balles kann direkt, diagonal oder in Längsrichtung erfolgen. Wichtig ist, dass die Spieler auf das Anschießen und die Lage des Balles vorbereitet sind. Für die weitere Strategie des Spieles in der Verteidigungszone sind folgende Umstände wichtig:

  • Ob die gegnerischen Spieler den Ball besitzen.
  • Ob in einer ausgeglichenen Situation um den Ball gekämpft wird.
  • Ob beim Kampf um den Ball die Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine unausgeglichene Situation entsteht.
  • Ob der Gegner aggressive Formen des Attackierens wählt (oder z. B. wechselt).

Wenn der verteidigende Spieler den Ball erringt, wird ein Angriff gegen den Gegner eingeleitet, der ein Forechecking durchführt. Falls der Gegner den Ball besitzt oder um den Ball gekämpft wird, setzt der Abwehrblock das Spiel dort fort, wo der Ball ist.

Basisfertigkeiten für die Verteidigungsstrategie

Wesentlich ist das Erlernen der Bewegungsfertigkeiten und des Einzelspiels. Eingeplant wird das Trainieren der sog. „offenen Fertigkeiten“, die in einem veränderlichen Umfeld mit einem aktiven Gegner realisiert wird. Beim Spiel in der Verteidigungszone sind die Spieler gezwungen, ihre Fertigkeiten anzuwenden und die anzuwendenden Varianten unter räumlichem und zeitlichem Druck zu wählen. Die Skala der Fertigkeiten, die im Spiel angewendet werden, entwickelt sich ununterbrochen aktiv. Die unabdingbaren Fertigkeiten für das Spiel in der Verteidigungszone können wie folgt allgemein beschrieben werden:

  • Reagieren mit Richtungsänderungen auf kleinem Raum sowie mit Beschattung;
  • Defensivposition zur Führung eines Zweikampfes;
  • defensives Abfangen der Bewegung des Gegners bei Richtungsänderungen;
  • Abwehrspiel mit dem Stock mit dem Akzent auf dem Prinzip „spiele Keule auf Keule“ und Verschließen des Raumes mit dem Stock;
  • Abdeckung des Verteidigungsraumes;
  • Abfangen und Blocken von Schüssen;
  • Kommunikationsfertigkeiten.

Die Spielorganisation in der Verteidigungszone bringt auch Elemente der Einleitung eines Angriffs in der Phase nach dem Ballgewinn mit sich, wenn die verteidigenden Spieler fließend in die Angriffsphase übergehen. Die für ein organisiertes Verlassen der Verteidigungszone resp. eine effektive Übergangsphase erforderlichen Fertigkeiten sind:

  • Bewegungen mit Richtungs- und Rhythmusänderungen auf kleinem Raum;
  • Wechsel von einer Vorwärts- zu einer Rückwärtsbewegung und umgekehrt;
  • Antäuschen von Handlungen wie selbstständige Bewegung oder Zuspiel;
  • Manövrieren mit dem Ball bei vollem Tempo in allen Räumen der Verteidigungszone;
  • Ballabdeckung mit dem Körper im Anschluss an gegnerischen Druck;
  • Deckung des Spielers mit Ball und ohne Ball;
  • organisierte Bewegung in die Räume oberhalb der blauen Verteidigungslinie.

Eine wertvolle Fertigkeit, die oft über den Spielausgang entscheidet, ist die Beherrschung der Transition, und zwar sowohl hinsichtlich der Einnahme der richtigen Verteidigungsposition als auch hinsichtlich der Wahl einer geeigneten Bewegungsrichtung der Spieler. Es empfiehlt sich, die Position und Bewegung in der Verteidigungszone in den Trainingseinheiten im Zuge von „Gewinn-Verlust“ Aktionen einzuüben, weil die Bewegung mit unablässiger visueller Ballkontrolle bei schnellen Übergängen ein wichtiger Faktor für ein erfolgreiches Verteidigungsspiel ist.