UNIT: Anspieltechniken beim Hockey

Das Anspiel ist eine Einzelspielaktion, die den Grundstein für das nachfolgende Spiel legt. Es kann in gewonnenes, verlorenes und unentschiedenes Anspiel gegliedert werden. Aus der Sicht der Systematik des Hockeys gehört es zu den besonderen Aktionen. Das Anspiel kann weder den Abwehr- noch den Angriffsaktionen zugeordnet werden. Es handelt sich vielmehr um einen nach bestimmten Regeln ablaufenden Zweikampf zweier Spieler.

Das Anspiel resp. Bully beginnt mit dem Einwerfen des Balls durch den Schiedsrichter zwischen zwei gegnerische Spieler. Es ist dies die häufigste Standardspielsituation im Hockey. Jedes Spieldrittel beginnt damit, und es folgt auf jede Spielunterbrechung. Die Bedeutung dieser Aktion wächst mit der steigenden Frequenz und Anzahl der Anspiele während eines Wettkampfs. Sie kann von Duell zu Duell verschieden sein und 60 bis 90 Wiederholungen pro Spiel erreichen.

Sobald der Schiedsrichter den Ball ins Spielfeld einbringt, führt jeder der beiden am Anspiel beteiligten Spieler eine energische Bewegung zum Ball hin aus. Der Unterarm hält den Stock etwas tiefer, um einen größeren Hebel zu bilden, manche Spieler halten den Stock auch wegen der besseren Kraftanwendung von oben. Der Ballgewinn beim Anspiel ist ein wichtiger Schritt, der z. B. zur sofortigen Einleitung eines Angriffs oder zum Abschluss einer Aktion führen kann. Der Ballgewinn hat besonders in den Randzonen (des Angriffs und der Verteidigung) sowie beim Überzahlspiel eine erhöhte Bedeutung. Beim Anspiel in der Verteidigungszone muss mit einem Ballverlust gerechnet werden, deshalb ist es wichtig, die Verteilung der gegnerischen Spieler zu beobachten und sich bereit zu halten, diese zu blocken bzw. zu decken. Es gibt verschiedene Muster und Schemata für die Aufstellung der Spieler beim Anspiel.

Aus physiologischer Sicht geht es um eine sehr kurze Anstrengung azyklischer Art, wobei vor allem die Nerven- und Muskeltätigkeit gefordert ist. Die Belastung der Atmung und des Kreislaufs ist minimal. Die Energiebereitstellung bewegt sich im Bereich von ATP-KP, und zwar auch beim anschließenden Zweikampf, der nicht länger als 3-5 Sekunden dauert.

Faktoren beim Ausführen des Anspiels:

  • Technik,
  • Taktik,
  • Kondition,
  • Psyche.

Entscheidend für den Erfolg des Anspiels ist die Reaktionszeit. Beim Einüben und der Realisierung des Anspiels ist zwischen der technischen Seite = Art, wie der Ball abgespielt wird, und der taktischen Seite zu differenzieren. Die taktische Komponente umfasst:

  • Wahl der Art, wie der Ball gewonnen wird;
  • Stelle auf dem Spielfeld, wo das Anspiel durchgeführt wird;
  • Anzahl der Spieler auf dem Spielfeld;
  • Stand und Phase des Spiels;
  • Beobachtung der Gegner beim Anspiel = Stellung der Spieler, des Stocks, der Keule, der Stockhaltung usw.

Wichtig ist auch die Kenntnis der Regeln für das Anspiel (Regel 415 Abs. b): Die Spieler stehen aufrecht frontal zum gegnerischen Spielfeldende, ungefähr eine Stocklänge voneinander entfernt, sie legen den unteren Teil der Stockkeule auf die Spielfläche, und zwar auf die ungefärbte Fläche des Anspielpunktes. Kein anderer Spieler darf den Anspielkreis betreten oder sich den am Anspiel beteiligten Spielern nähern. Die Entfernung, bis auf welche man sich den am Anspiel beteiligten Spielern nähern darf, ist durch den Radius des Anspielkreises vorgegeben (4,5 m bzw. 4 m). Der anspielende Spieler darf den Körper des gegnerischen Spielers nicht mit seinem Körper oder Stock berühren. Wenn der Spieler nicht die richtige Stelle einnimmt, kann ihn der Schiedsrichter vom Anspiel ausschließen. Der Schiedsrichter pfeift am Beginn des Anspiels, wodurch er allen Akteuren anzeigt, dass das Spiel sogleich beginnt. Die Spielzeit beginnt mit dem Einbringen des Balls. Der Spieler darf sich beim Anspiel nicht umdrehen, und er darf den Ball nicht mit dem Fuß stoßen. Wenn der Spieler jedoch zuerst den Ball mit dem Stock abspielt und der Ball frei ist, kann er ihn mit dem Fuß zurückstoßen. Die Absicht dabei ist, es dem Spieler unmöglich zu machen, sich umzudrehen und den Ball mit dem Fuß zu stoßen ohne zu versuchen, ihn mit dem Stock anzuspielen, und so den Gegner am Abspielen des Balls mit dem Stock zu hindern.

Beide Teams haben beim Anspiel dieselbe Chance, den Ball zu erringen. Je nach der Stelle, an der angespielt wird, ergeben sich Vorteile für jedes Team: Erringung des Balls in der Mittelzone (Einleitung oder Entwicklung eines Angriffs), in der Angriffszone (Vorteil des schnellen Erreichens einer Schussposition) und in der Verteidigungszone (Formierung einer Ausgangsposition zur Einleitung eines Angriffs).

Rote Punkte: Alternative Standorte für Nebenspieler

„Der standardmäßige Zweikampf der Spieler beim Anspiel unterliegt bestimmten Regeln. Im Durchschnitt kommen pro Spiel 30 – 70 Anspiele vor. Bei einer 50-prozentigen Gewinnchance kann eine Erfolgsquote von mehr als 55 % als solide betrachtet werden. Besonders wichtig sind die Anspiele in der Verteidigungs- bzw. der Angriffszone. Außer dem Anspruch, das Anspiel zu gewinnen, gilt auch, dass das Anspiel nicht durch eine reine Scheibenabnahme verloren werden sollte.“1

                                                                                               1Bukáč, L.:  Intellekt, Lernen, Fertigkeiten und Coaching, 2005

Man unterscheidet beim Anspiel 6 Basisfaktoren:

1) Grundstellung (Abb. 1 und 2) – technische Voraussetzung für die Schnelligkeit der Reaktion;

  • Knietiefe – mäßig gebeugte Knie (Stabilität)
  • Vorbeugen  – angemessen (Stabilität)
  • Ellbogen geschlossen – ermöglicht beiderseitiges Abspielen

2) Stockgriff – Obergriff, Untergriff (die obere Hand hält nicht das Stockende, die untere Hand verschiebt sich ebenfalls abwärts);

3) Aktions- und Reaktionszeit – auf den Ball in der Hand des Schiedsrichters;

4) Spanne der Stockhaltung – Breite und Höhe des Griffs;

5) Art des Ballabspiels – vorwärts, rückwärts;

6) Taktische Absicht – Reagieren auf den Gegner, die Aufstellung der Spieler, den Spielfeldraum.

Textfeld: Abb. 1
Abbildung 1
Abbildung 2
Textfeld: Abb. 2
Abbildung 3

Richtige Stellung des Spielers:

  • gebeugte Beine – Schwerpunkt abgesenkt
  • breitere Grätschstellung – größere Stabilität
  • niedrigerer Griff am Stock – größerer Hebel
  • Anpassung der Haltung an jene des Gegners
  • Blick auf den Ball in der Hand des Schiedsrichters
  • peripheres Beobachten des gegnerischen Schlägers
  • Konzentration und Zu-Ende-Führen der Aktion

Falsche Stellung des Spielers:

  • aufrechte Haltung, Abstützen am Stock
  • Beine wenig gegrätscht
  • hoher Griff am Stock
  • falsche Bein- oder Stockstellung
  • Blick auf den Anspielpunkt gerichtet
  • keine Reaktion auf die Stellung des Gegners
  • Innehalten nach Ballverlust oder Abspiel

Fachstudien über die Biomechanik des Anspiels haben ergeben, dass beim Anspiel die Aktions- und Reaktionszeit zusammen mit der richtigen Stellung des Spielers die wichtigsten Momente sind.

Die Aufstellung und Verteilung der Spieler kann defensiv (kein Tor bekommen) oder aber offensiv ausgerichtet sein (den Gegner unter Druck setzen). Durch eine Änderung der Spieleraufstellung kann erreicht werden, dass der Gegner durch eine vereinte Anstrengung der Spieler überspielt wird bzw. auf die gegnerische Spielabsicht reagiert werden kann. Alle beteiligten Spieler haben eine im Vorhinein festgelegte Aufgabe. In den höheren Altersklassen muss den Spielern eingeprägt werden, dass das Anspiel nicht nur eine Aufgabe des Spielers am Anspielpunkt, sondern ein Ergebnis der Teamarbeit ist, die eine Kommunikation der Spieler und ein Lesen des Spiels erfordert.

Andere Varianten sind verschiedene Aufstellungen der Spieler in der Angriffszone, mit der Absicht, das gegnerische Tor unmittelbar nach dem gewonnenen Anspiel mit einem Schuss zu bedrohen, z. B. den Ball nach dem Anspiel nach hinten zu einem schussbereiten Spieler abspielen (Abb. 4). Die übrigen Spieler haben die Aufgabe, die Gegner zu blocken. Dies wird vor allem in den Schlussphasen von Dritteln oder Spielen angewendet, wenn die Teams bemüht sind, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Solche Varianten stellen auch einen festen Bestandteil des Überzahlspiels dar, bei dem unterschiedliche Aufstellungen, Links- und Rechtshandspiel, Vorhand und Rückhand gängig sind.

Es empfiehlt sich, das Trainieren des Anspiels ab der Schülerklasse um die taktischen Komponenten des Beobachtens und Reagierens auf die Stellung und Technik des Gegners zu erweitern. Die jungen Spieler müssen außerdem sowohl zur visuellen Kontrolle des Gegners als auch des gegnerischen Torwarts und der Verteilung der anderen Teamkollegen angehalten werden. Ziel ist es, voreiliges Handeln dahingehend zu vermeiden, dass der Spieler beim Anspiel nicht unüberlegt agiert.

Textfeld: Abb. 4
Abbildung 4

Die Weise, wie der Ball nach dem Anspiel gespielt wird, wählt der Spieler auf der Basis eingeübter Spielvarianten, der Spielsituation oder des Erfolgs des Anspiels.

Arten des Abspiels:

  1. Der Ball wird nach hinten abgespielt.
    Dies ist die häufigste Art des Abspiels. Das Team gewinnt nach dem gewonnenen Anspiel Zeit für die Formierung der Positionen, die Einleitung des Angriffs oder das schnelle Erlangen einer Schussposition.

    a) mit der Rückhand

b) mit der Vorhand

  • Der Ball wird nach vorne abgespielt.
    Diese Variante ist weniger üblich. Das Team geht bei erfolgreicher Durchführung direkt in die Angriffsposition über.  Andernfalls gewinnt der Gegner sogleich einen Vorteil.
  • Der Ball wird einem Spieler des eigenen Teams überlassen – Blocken des Gegners.
    Der Spieler muss zuerst den Ball mit dem Schläger berühren, erst dann kann er den Gegner blocken, wobei er den Ball einem anderen Spieler des eigenen Teams überlässt bzw. diesem durch Stoßen des Balls mit dem Fuß zuspielt. Diese Variante wird vorwiegend in der Verteidigungszone angewendet.

Dieser Text entstand im Rahmen der Abschlussarbeit des Studiums B, Lizenz von Václav Šůcha.

Korrektur, Anpassungen und Ergänzungen: Martin Komárek.