UNIT: Angriffssysteme

Im heutigen Hockey spricht man eher von der Angriffsorganisation des Teams als von Angriffssystemen, denn die Angriffsaktionen können im Spiel stark variieren. Das Angriffsspiel zeichnet sich heute einerseits dadurch aus, dass es in hohem Maße organisiert und durchgearbeitet ist, anderseits weist es eine große Variabilität und Kreativität auf, die erforderlich ist, um die gegnerische Abwehr zu überwinden.

Die Organisation der Teams ergibt sich beim Angriff aus der Kooperation und Koordination aller Spieler auf dem Spielfeld. Das Zusammenspiel und die Bewegung der Spieler bei der Organisation eines angreifenden Teams weist einen bestimmten Verlauf auf, der als „Angriffsphase“ bezeichnet wird.

Angriffsphase

  • Auslösen des Angriff (Einleitung)
  • Entwicklung des Angriffs (Führung)
  • Abschluss des Angriffs

Einleitung des Angriffs

  1. In dieser Phase bekommen wir den Ball unter unsere Kontrolle (wir spielen erfolgreich an, erringen den Ball nach einem fehlerhaften Anspiel des Gegners oder nach einem gewonnenen Zweikampf).
  2. Diese Phase kann die Form eines schnellen Angriffs, eines abgestuften Angriffs oder eines Angriffs aus dem Stand haben.

Zentrale Punkte bei der Einleitung des Angriffs:

  • Zentral sind der Zeitpunkt, wann wir den Ball erringen, und die Schnelligkeit des ersten Zuspiels.
  • Die Praxis zeigt, dass maximal 10 Sekunden vom Ansetzen bis zur Überbrückung aller Zonen (Verteidigungszone, Mittelzone, Angriffszone) und dem Abschluss durch einen Torschuss vergehen sollten.
  • Schneller Gegenangriff, abgestufter reorganisierter Positionsangriff.
  • Die Einleitung des Angriffs muss Breite und Tiefe aufweisen.
  • Die Spieler halten sich stets frontal zum Ball und zum Spiel.

Entwicklung des Angriffs

Das Team versucht, durch das Zusammenspiel oder durch Einzelspielaktionen zu den für den Abschluss der Angriffsaktion am besten geeigneten Räumen zu gelangen. Dabei geht es meistens darum, die Mittelzone über die blaue Angriffslinie zu überbrücken und in die Angriffszone vorzudringen. Dabei werden die Kooperation der Spieler, Einzelaktionen oder das Anschießen des Balls genutzt.

Zentrale Punkte bei der Entwicklung des Angriffs:

  • Geradlinigkeit der Aktion mit dem Ziel, den Ball möglichst schnell in den Raum für den Abschluss zu bringen.
  • Schnelle Überbrückung der Mittelzone und schnelles Überschreiten der blauen Angriffslinie in die Angriffszone (Zuspiele vor der blauen Linie vermeiden).
  • Lesen des Spiels mit Nachdruck auf der richtigen Entscheidung: Kooperation der Spieler, Einzelspieleraktionen, Torschüsse.

Abschluss des Angriffs

Das Hauptziel dieses Teils ist es, ein Tor zu erzielen oder mehrere Schusschancen herbeizuführen. Bei diesen Situationen ist sowohl  Mitwirkung der einzelnen Spieler als auch der gemeinsame Versuch, das sog. „Angriffsdreieck“ zu halten, wichtig.

Über die Art, wie das Teamspiel beim Angriff gestaltet wird, entscheidet stets der erste Pass.

Zentrale Punkte beim Abschluss eines Angriffs:

  • Chancen für Schüsse herbeiführen (Basis ist das Freilaufen des Spielers mit Ball und ohne Ball).
  • Grundlegende Fertigkeiten des Schießens (insbesondere schnelles Schießen, Schießen unter Druck bzw. Schießen nach einem Zuspiel oder ohne Vorbereitung).
  • Das Angriffs-Dreieck ständig aufrechterhalten.
  • Das Lesen des Spiels mit Nachdruck auf der richtigen Entscheidung, ob die Aktion durch einen Schuss oder durch die Suche nach einer geeigneteren Schussposition mittels einer Kombination abgeschlossen werden soll.
  • Einzelspielaktionen und Koordination in Situationen mit Gleichzahlverhältnis (besonders 1-1, 2-2, 3-3).

Arten der Einleitung des Angriffs:

  1. Abgestufter Angriff,
  2. schneller Angriff,
  3. schneller Gegenangriff,
  4. reorganisierter Angriff,
  5. Anspielen des Balles in die Angriffszone,
  6. Positionsdruckspiel in der Angriffszone,
  7. Überzahlspiel.

Abgestufter Angriff

Wird gegen zurückgezogene, kompakte, formierte Zonenverteidigung des Gegners eingesetzt. Primäres Merkmal ist das Teamspiel, das im Wesentlichen auf einer guten Ballführung durch die einzelnen Spieler und dem Zuspielen basiert. Die Spielweise beruht auf Kreativität und der Fähigkeit der einzelnen Spieler zu improvisierten Kombinationen. Die Kreativität und das Zusammenspiel des Teams kommen nicht nur im Ballspiel, sondern auch in der Bewegung und dem Denken der Spieler ohne Ball zum Ausdruck.

Ausdruck des Spiels ist eine fließende Angriffsaktion, die durch Zuspiele erreicht wird. Der klassische abgestufte Angriff macht von schrägen Vorwärtspässen Gebrauch. Er kann je nach der Spielabsicht zu einem sog. „Positionsangriff“ modifiziert werden. Hauptmerkmal dieser Angriffsaktion sind parallele Positionspässe und Rückpässe (z. B. Ballwechsel zwischen Abwehrspielern auf derselben Ebene). Bei dieser Art der Angriffsführung suchen die Spieler neue Räume für den gemeinsamen Angriff, sie bemühen sich um eine Verschiebung des Spiels auf die freie Seite und um die Ballkontrolle mit dem Ziel eines schnellen Angriffs oder eines schnellen Vorrückens in die Angriffszone.

Abgestufter Angriff:

  • Der Angriff erfolgt langsam.
  • Es fehlen das Moment der Überrumplung und die Dynamik.

Positionsangriff

  • Anwendung von Parallel-, Rück- und Kurzpässen.
  • Die Spieler beeinträchtigen die gegnerische Abwehr durch ihre Bewegungen und Pässe.
  • Anschließend kann ein reorganisierter oder ein schneller Angriff erfolgen.

Schneller Angriff

Dieser wird gegen einen Gegner angewendet, in dessen Spiel der Angriff dominiert. Dieses Spiel bzw. diese Taktik basiert auf einer vollkommen gesicherten Verteidigung. Die Überrumplung und die Schlagkraft dieser Aktion werden mit Hilfe eines steilen Vorwärtspasses aus der Verteidigungszone zu einem Spieler erzielt, der einen freien Raum erobert hat. Solche Aktionen kommen nicht allzu oft vor, doch sie sind umso schlagkräftiger. Zu einem schnellen Angriff gehört auch ein schnelles Break, das durch den Vorwärtspass im Bereich der Mittelzone zwischen der Verteidigungszone und der blauen Angriffslinie realisiert wird. Diese Art des Angriffs erfordert eine hohe Qualität und Kreativität der Verteidiger und wird meistens durch ein Anlaufen in die Mitte von der Bande geführt.

Schneller Angriff:

  • Steiler Vorwärtspass.
  • Qualität und Kreativität der Verteidiger erforderlich.
  • Führung des Angriffs durch Anlaufen in die Mitte, zur Bande.
  • Umsetzung auf der Basis einer gesicherten Abwehr.
  • Ziel ist die Herstellung einer Spielsituation mit ungleicher Spielerzahl.

Gegenangriff

Der Gegenangriff stellt eine Angriffshandlung dar, die auf einem sehr offensiven Spiel des Gegners aufbaut. Das Prinzip ist eine der Situation entsprechende, unmittelbare Antwort auf die Angriffsaktivitäten des Gegners. Das Spiel äußert sich nach Ballgewinn in der Mittelzone in einem schnellen und fließenden Überschreiten der blauen Angriffslinie, wobei die angreifenden Gegner an der Positionsabwehr gehindert werden. Dies erfolgt durch ein sehr aktives Spiel in der Mittelzone durch Pässe zu den zurückkehrenden Spielern, die durch Kreuzen und Stellenwechsel in den offenen Spielraum anlaufen. Eingeleitet wird der Angriff durch einen sofortigen Durchbruchspass vor der roten oder der blauen Angriffslinie. Der Gegenangriff kann in Form eines schnellen Angriffs erfolgen (schneller Gegenangriff), mit einem Durchbruchspass in die gegenläufige Bewegung des Gegners und der Herstellung einer Überzahl.

Schneller Gegenangriff:

  • Beginnt mit dem Abfangen des Balles.
  • Ein Durchbruchspass in die gegenläufige Bewegung der Gegner bedeutet eine Überzahl in der Mittel- und Verteidigungszone – Reorganisation des Angriffs.
  • Gegen die Verteidigung der Mittelzone auf der gegnerischen Hälfte, besonders bei der blauen Angriffslinie.
  • Rückpass, hauptsächlich zu den Abwehrspielern.
  • Das Spieltempo wechselt.
  • Bewegung angreifender Spieler aus der zweiten Welle.

Reorganisierter Angriff

Hierbei handelt es sich um ein Angriffsteamspiel, das gegen eine kompakte und mobile Verteidigung des Gegners eingesetzt wird. Diese Kombination bezweckt, Ungereimtheiten in die Bewegungen der Abwehrformation des Gegners in der Mittelzone zu bringen. Dies erfolgt durch Rückpässe oder eine Rückkehr in die Ausgangsposition und anschließende Reorganisation der Bewegungen der Angriffsformation. Im Ergebnis kann die gegnerische Abwehr leichter durchbrochen werden. Dieses Spiel äußert sich ein der Dynamik einer „zweiten Welle“ der Angriffsaktion. Es ermöglicht eine Verlangsamung oder Beschleunigung des Tempos der Aktion. Ziel eines reorganisierten Angriffs ist nicht nur ein Gebietsgewinn, sondern die Suche und Herbeiführung von Chancen für einen Wechsel zu einem schnellen Angriff.

Angriff auf der Basis des Anschießens

Diese Form des Angriffs wird gegen eine dichte und mobile Abwehr eingesetzt, die die blaue Verteidigungslinie sichert. Dadurch wird das Risiko eines Ballverlustes in der Mittelzone verringert. Der Raum vor der blauen Angriffslinie ist im Hinblick auf einen schnellen Gegenangriff des Gegners bei einem Misslingen der eigenen Aktion besonders gefährlich. Nach dem Passen des Balles sollte ein Doppeln der Spieler in der Angriffszone für einen erneuten Ballgewinn erfolgen.

Vier grundlegende Möglichkeiten, den Ball anzuschießen:

  • Schuss direkt auf die Bande der starken Seite,
  • diagonal,
  • an der Bande entlang,
  • auf den Torwart.

Positionsdruckspiel

Die gesamte Angriffsaktivität spielt sich in der Angriffszone in 5-5-Situationen ab. Nach dem Vorrücken in die Angriffszone baut das Team durch die wiederholte Herstellung von Schusschancen Druck auf den Gegner auf. Das Spiel ist eng mit der Abwehrarbeit des Teams in der Angriffszone verbunden und erfordert besondere Koordination, Kooperation und Spieltechnik auf kleiner Fläche.

Überzahlspiel

Das Überzahlspiel stellt einen wichtigen Teil jedes Spiels dar. Es kann das Ergebnis erheblich beeinflussen. Im heutigen Hockey, bei dem die technische, taktische, physische, aber auch die psychische Reife der Teams oft nahezu gleich ist, stellt gerade das Überzahlspiel eine der Möglichkeiten dar, um das entscheidende Tor zu erzielen bzw. ein Tor zu erzielen, das den Verlauf und den Ausgang des Spiels stark beeinflussen kann.

Training des Spielsystems

Beim Training des Spielsystems ist die Entwicklung der Spielfertigkeiten, vor allem aber auch die mentale und technisch-taktische Reife der Spieler zu berücksichtigen. Ein anderer wichtiger Faktor bei der Entscheidung, wann mit dem Trainieren des Spielsystems begonnen wird, ist die Beherrschung der Kombinationen. Im Allgemeinen kann frühestens in der Schülerklasse (12-15 Jahre) mit dem Trainieren begonnen werden; die Schüler sollten die Einleitung des Angriffs und die Spielerpositionen in den Grundzügen beherrschen. Die anspruchsvolleren Spielsysteme können ab der Nachwuchsklasse (15-18 Jahre) trainiert werden; die Spieler sind dann schon für anspruchsvollere Spielsysteme ausgebildet.

Trainingsmethodik für die Einleitung des Angriffs

Eine wesentliche Voraussetzung für das Trainieren der Einleitung eines Angriffs ist die Beherrschung der Spielaktivitäten der Einzelspieler wie auch der Kombinationen. Bei Spielern, die keine hinreichende Basis an Fertigkeiten haben, empfiehlt es sich nicht, mit dem Training der Spielorganisation oder der Spielsysteme zu beginnen. Gute entwickelte individuelle Fertigkeiten sind eine unverzichtbare Basis dafür.

Wie geht man beim Trainieren vor?

  1. Theoretische Erklärungen, grafische Veranschaulichung je nach der geistigen Reife der Spieler;
  2. Videoclips, Vormachen;
  3. Vorbereitungsübungen für den Angriff;
  4. Training der Einleitung des Angriffs ohne Widerstand;
  5. Training mit passiver Abwehr (umgedrehte Stöcke) jeweils in Überzahl: 5-1, 5-2, 5-3
  6. Training mit Widerstand in Spielsituationen mit Überzahl;
  7. 5-5 mit Betonung der gerade trainierten Aktivität.

Trainingsgrundsätze für die Einleitung des Angriffs:

– Ständiger Überblick über das Spielgeschehen.

– Nicht blind zuspielen.

– Keine Zuspiele vor dem Tor.

– Mit den anderen Spielern des eigenen Teams kommunizieren.

– Jeder Spieler spielt auf seiner Position.

– Wenn niemand da ist, dem man zuspielen kann, löst man sich selbst mit dem Ball.

– Die Bewegungen der gegnerischen Spieler abschätzen.

– Angriffslustige Einstellung (an die Angriffsaktion glauben, den Ball ohne Angst halten; den Gegner überspielen wollen).

Der Text und die Abbildungen weiter unten sind auf einem Einlegeblatt

Es gibt 5 Basistypen der Einleitung eines Angriffs, die beim Trainieren wichtig sind und in den Trainingseinheiten praktiziert werden können, insbesondere zum Einüben und zur Aneignung der Basisfertigkeiten bei der Kooperation der Spieler in solchen Situationen. Ein solches einheitliche Training hat zur Folge, dass sich die Spieler dieselben Angewohnheiten annehmen, dadurch wird vor allem der Ballverlust in solchen Situationen minimiert.

1. Einleitung „UP“

Bei dieser Einleitung hält der Verteidiger D1 den Ball und der Verteidiger D2 sichert die Spielsituation. Der Verteidiger D2 ruft nach einer Einschätzung der Situation „UP“, für den Verteidiger D1 ist dies das Signal, den Angriff über die stärkere Seite des Spielfeldes einzuleiten und dem linken Flügel (LW) zuzuspielen. Wenn der LW mit einem Verteidiger besetzt ist, bewegt sich D2 mit dem Ball weiter und passt ihn zu einem freien Mittelstürmer, siehe Abbildung 1. Diese Variante ist dann am vorteilhaftesten, wenn der Gegner nahe beim Tor ist oder hinter dem Tor angreift und wir durch einen schnellen Pass ein Überzahlverhältnis zu unseren Gunsten herbeiführen können.

2. Einleitung „OVER“

Bei dieser Spielsituation hält der Verteidiger D1 die Scheibe, der Verteidiger D2 liest das Spiel, und wenn mehr gegnerische Spieler auf der Seite des Verteidigers D1 sind, ruft er das Signal „OVER“, und Verteidiger D1 passt hinter dem Tor zu Verteidiger D2 (Abbildung 2). Eine solche Einleitung ist angebracht, wenn der Gegner eine Seite der Zone stärker besetzt hat. Wichtig sind bei dieser Einleitung präzise und schnelle Pässe.

3. Einleitung „WHEEL“

Dieser Typ der Einleitung eines Angriffs wird angewendet, wenn der Verteidiger D1 vom gegnerischen Spieler angegriffen wird, der Verteidiger D1 löst sich dann mit dem Ball beim Tor und passt ihn zum rechten Flügel (RW), der bei der blauen Linie positioniert ist. Der Mittelstürmer läuft sich ohne Ball tief in die Zone frei, und der linke Flügel löst sich diagonal (Abbildung 3). Dieser Typ der Einleitung eignet sich dann am besten, wenn der Verteidiger D1 ein höheres Bewegungstempo hat.

4. Einleitung „REVERSE“

Ein anderer Einleitungstyp ist REVERSE. Dieser kann die Einleitung des Typs WHEEL ersetzen. Er beginnt auf dieselbe Art, der Verteidiger D1 löst sich mit dem Ball beim Tor, auf das Signal REVERSE vom Verteidiger D2 hin, der die Bewegungen der gegnerischen Spieler beobachtet, spielt er jedoch hinter dem Tor einen Rückpass zum Verteidiger D2, der sich zur Ecke freiläuft. D2 kann dann zum Angreifer des linken Flügels (LW) oder zum Mittelstürmer C passen. Der rechte Flügel löst sich diagonal. Diese Variante ist dann besonders geeignet, wenn der Gegner den Verteidiger D1 mit zwei Angreifern attackiert (Abbildung 4).

5. Einleitung „RIM“

Die Einleitung RIM wird bei intensiven Großangriffen des Gegners angewendet. Der Verteidiger D1 lässt den Ball heftig an der Bande abprallen, zum rechten Flügel (RW) oder zum linken Flügel (LW). Der Mittelstürmer C läuft sich tief in die Zone frei, um den Raum zu decken oder sich für den folgenden Pass anzubieten. Wichtig ist hier die Kooperation der Verteidiger, wobei D1 die Situation abschätzen und D2 die Raumverteidigung übernehmen muss (Abbildung 5). Dieser Typ sollte nur im äußersten Notfall angewendet werden, denn das Spiel an die Bande muss nicht immer präzise ausfallen.

Bei diesen Basisübungen sollten die Spieler das Zusammenspielen lernen und sich Mechanismen der Einleitung von Angriffen angewöhnen, die sie mit der Zeit automatisieren sollten. Es empfiehlt sich, beim Trainieren und den verschiedenen Übungsvarianten auch den Torwart einzubeziehen.